Hier ist das Gesetz zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung im WWW zu finden:
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Anlass und Inhalt des Gesetzes lt. Entwurfsbegründung (BT-Drs Nr. 15/2887)
AnzeigeA. Ziel
Das überragende Interesse der Allgemeinheit an effektivem Schutz vor bestimmten hochgefährlichen Straftätern gebietet in Einzelfällen eine Inhaftierung über das Ende der Strafhaft hinaus, auch wenn im Urteil des erkennenden Gerichts die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung noch nicht angeordnet war. Daher wurde mit dem Gesetz zur Einführung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung vom 21. August 2002 (BGBl. I S. 3344) dem Gericht vor allem in Fällen schwerer Gewalt- und Sexualdelinquenz die Möglichkeit eröffnet, sich die Entscheidung über die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung für einen späteren Zeitpunkt vorzubehalten, wenn zur Zeit des Urteils ein Hang des Täters i. S. d. § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB noch nicht hinreichend sicher festgestellt werden konnte.
Daneben hatten sich einige Bundesländer sog. Straftäterunterbringungsgesetze gegeben, die eine weitere Möglichkeit der Inhaftierung als hochgefährlich eingeschätzter Straftäter boten. Zwei dieser Gesetze hat das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 10. Februar 2004 (2 BvR 834/02 u. a.) nunmehr für unvereinbar mit der Kompetenzordnung des Grundgesetzes erklärt. Gleichzeitig haben jedoch Erfahrungen aus der Anwendungspraxis der Landesgesetze gezeigt, dass in seltenen Fällen das Bedürfnis nach der Möglichkeit einer nachträglichen Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung besteht. Dabei handelt es sich um solche Fälle, in denen sich die Gefährlichkeit des Täters erst nach der Verurteilung ggf. sogar erst gegen Ende des Vollzugs der Freiheitsstrafe ergibt.
Der Entwurf schließt diese Lücke, indem er die bestehenden Regelungen der §§ 66 f. StGB und des § 106 Abs. 3 JGG um die Möglichkeit ergänzt, die Sicherungsverwahrung nachträglich anzuordnen. Gleichzeitig schafft er erstmals eine gesetzliche Regelung für Fälle, in denen während des Vollzugs der Maßregel nach § 63 StGB festgestellt wird, dass die Unterbringungsvoraussetzungen jedenfalls im Zeitpunkt der Überprüfung nicht mehr vorliegen. Er ermöglicht in diesen Fällen die Beendigung der Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus und begründet gleichzeitig die Möglichkeit, bei fortbestehender erheblicher Gefährlichkeit des Untergebrachten nachträglich Sicherungsverwahrung anzuordnen.
B. Lösung
Der Entwurf sieht zu diesem Zweck die Einführung eines § 66b des Strafgesetzbuches mit folgendem Regelungsinhalt vor:
* Absatz 1 erfasst Straftäter, gegen die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen Sicherungsverwahrung bislang nicht angeordnet wurde, wenn sich bis zum Ende des Vollzugs der Freiheitsstrafe herausstellt, dass von ihnen erhebliche Gefahren ausgehen. Die Entscheidung bedarf einer Gesamtwürdigung von Tat und Täterpersönlichkeit unter Einbeziehung aller Anknüpfungstatsachen.
* Absatz 2 ermöglicht unter den übrigen Voraussetzungen des neuen Absatzes 1 die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung auch gegen Täter, die wegen bestimmter besonders gefährlicher Taten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens vier Jahren verurteilt wurden, wenn ggf. vorliegende frühere Taten die formellen Voraussetzungen der Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 3 StGB nicht erfüllen.
* Absatz 3 erfasst Abgeurteilte, deren Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) für erledigt erklärt wird, weil die ihr zugrunde liegende psychische Störung nicht oder nicht mehr besteht, die aber (weiterhin) nach einer umfassenden Gesamtwürdigung als hochgefährlich zu betrachten sind. Auch hier müssen sowohl die Anlasstaten als auch sofern eine vorherige Verurteilung oder Unterbringung vorausgesetzt wird die Taten, wegen deren der Untergebrachte bereits vor der Anlasstat schon einmal verurteilt oder untergebracht worden sein muss, solche des § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB sein. Die Dauer der nachträglichen Sicherungsverwahrung und die Überprüfungsmodalitäten richten sich nach den allgemeinen Bestimmungen der §§ 66 ff. StGB. Verfahrensrechtlich lehnt sich der Entwurf an die Regelungen zur vorbehaltenen Sicherungsverwahrung an (sog. Hauptverhandlungsmodell). Neu vorgesehen ist ein Unterbringungsbefehl. Er soll verhindern, dass potenziell hochgefährliche Straftäter allein deshalb entlassen werden müssen, weil zum Zeitpunkt der Vollverbüßung eine rechtskräftige Entscheidung über die nachträgliche Sicherungsverwahrung noch nicht vorliegt. Gleichzeitig stellt eine Übergangsvorschrift die Anwendung der Neuregelung auf diejenigen Straftäter sicher, die auf Grund landesrechtlicher Straftäterunterbringungsgesetze untergebracht wurden. Durch Ergänzung des § 106 JGG wird in enger Anlehnung an § 66b StGB
* neu auch für Heranwachsende die Möglichkeit der nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung eingeführt.
Bundestagsdrucksachen zur Beratung des Gesetzes
Links führen zur DIP-Datenbank des Deutschen Bundestages.
Nummer | Datum | Inhalt |
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15/2887 | 2.4.2004 | Gesetzentwurf der Bundesregierung |
15/2945 | 22.4.2004 | Unterrichtung durch die Bundesregierung (hier: Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung) |
15/3346 | 16.6.2004 | Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses |
Durch das Gesetz geänderte Rechtsnormen (soweit auf rechtliches.de verzeichnet):