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Zweites Finanzmarktstabilisierungsgesetz

(Langtitel: Zweites Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes)

Vom 24.2.2012, verkündet in BGBl I Jahrgang 2012 Nr. 10 vom 29.2.2012.

Hier ist das Zweites Finanzmarktstabilisierungsgesetz im WWW zu finden:

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Anlass und Inhalt des Gesetzes lt. Entwurfsbegründung (BT-Drs Nr. 17/8343)

A. Ziel

Das im Oktober 2008 verabschiedete Finanzmarktstabilisierungsgesetz und die Erweiterung des Instrumentariums durch das Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz vom 7. April 2009 und durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung vom 17. Juli 2009 haben wesentlich zur Stabilisierung des Finanzmarktes in den Jahren 2008 und 2009 beigetragen. In den letzten Wochen und Monaten haben die aus der Staatsverschuldung verschiedener Länder resultierenden Lasten für den Finanzsektor jedoch erneut das Vertrauen zwischen den Finanzmarktakteuren im Hinblick auf die Liquidität und Solvabilität beeinträchtigt und zu Problemen bei der Refinanzierung geführt. Zudem sind die indirekten Auswirkungen der Probleme von staatlichen Schuldnern auf die Unternehmen des Finanzsektors, insbesondere durch Ansteckungseffekte über ausländische Banken, schwer prognostizierbar. Dies kann zusätzliche Unsicherheiten bewirken und erratische Marktbewegungen nach sich ziehen. Auch der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) hat am 21. September 2011 auf die sprunghaft angestiegenen Ansteckungsgefahren hingewiesen und ein klares Bekenntnis der staatlichen Institutionen zur Sicherstellung der Finanzmarktstabilität gefordert. Der Vorsitzende des ESRB, der frühere Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, hat dies am 10. Oktober 2011 vor dem Europäischen Parlament bekräftigt und auf die systemische Dimension und die globalen Ausmaße der bestehenden Probleme hingewiesen. Es ist eine grundlegende Aufgabe des Staates, das Vertrauen der Marktteilnehmer und Bürger in die Stabilität des Bank- und Finanzsystems zu bewahren und die Finanzmarktstabilität zu sichern. Hierzu haben sich auch die Finanzminister und Notenbank-Gouverneure der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) in ihrer Erklärung vom 23. September 2011 bekannt. Insbesondere ist es wichtig, einer möglichen Gefährdung des Finanzsystems präventiv bzw. bereits bei latenter Gefahr begegnen zu können und für den Fall, dass privatwirtschaftliche Lösungen zur Stärkung der Eigenkapitalbasis von Instituten scheitern, der Finanzaufsicht größere Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen, um einer Systemgefährdung vorbeugen zu können. Die Stärkung der Eigenmittel von Banken sowie die Bereitstellung von Auffanglösungen sind eine zentrale Forderung in den ESRB-Empfehlungen vom 21. September 2011. Mit dem am 31. Dezember 2010 in Kraft getretenen Restrukturierungsfondsgesetz können Banken, die in Schwierigkeiten geraten sind, in einem geordneten Verfahren saniert oder abgewickelt werden, ohne dass hieraus Gefahren für die Finanzmarktstabilität erwachsen. Damit die Bankenaufsicht die Übertragung

des systemrelevanten Teils einer Bank auf eine andere private Bank oder vorübergehend auf eine staatliche Brückenbank anordnen kann, muss jedoch eine Bestandsgefährdung der Bank vorliegen, die die Finanzmarktstabilität gefährdet und sich nicht auf anderem Wege beheben lässt. Dieses Instrument ist und bleibt daher zum frühzeitigen Eingreifen bei einer konkreten Gefahr für ein einzelnes Institut geeignet, kann jedoch nicht als vorbeugende Maßnahme zur Sicherung der Stabilität des Finanzsystems insgesamt angewendet werden.

B. Lösung

Damit der Bund die Finanzmarktstabilität auch im Falle einer systemischen Krise sichern kann, wird mit dem Gesetz die befristete Möglichkeit geschaffen, dass erneut Maßnahmen nach dem Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz gewährt werden können. Zudem kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unter bestimmten Voraussetzungen höhere Eigenmittelanforderungen an Institute festsetzen und die Vorlage von Plänen zur Erreichung einer solchen höheren Eigenmittelausstattung verlangen.

Der Gesetzentwurf enthält daher die folgenden Regelungen:

1. Öffnung des Finanzmarktstabilisierungsfonds für neue Anträge Mit Inkrafttreten des Gesetzes können ­ vorbehaltlich einer beihilferechtlichen Zustimmung ­ erneut Maßnahmen nach dem Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz (FMStFG) beantragt werden. Dabei kann das schon bis 2010 zur Verfügung stehende Instrumentarium vollständig genutzt werden. Aufgrund der aktuellen Entwicklungen an den Kapitalmärkten wird das so genannte Zweckgesellschaftsmodell (Übernahme von Garantien für auf Zweckgesellschaften ausgelagerte Wertpapiere) erweitert, so dass es nicht nur wie bisher für strukturierte Wertpapiere Anwendung finden kann.

Für die Gewährung von Maßnahmen sollen der Garantierahmen auf 400 Mrd. Euro und die Kreditermächtigung auf 80 Mrd. Euro (davon 10 Mrd. Euro mit Zustimmung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages) ­ und da- mit auf die ursprünglichen Beträge des FMStFG ­ erhöht werden, um ein starkes Signal zu setzen, dass der Bund die Finanzmarktstabilität sicherstellen wird. Die Gewährung von Garantien soll künftig grundsätzlich für einen Zeitraum von fünf Jahren möglich sein, entsprechend den beihilferechtlichen Vorgaben für gedeckte Schuldverschreibungen für einen Zeitraum von bis zu sieben Jahren. Zudem werden Bedingungen für die Inanspruchnahme von Stabilisierungsmaßnahmen nachgebessert.

2. Stärkung des bankaufsichtlichen Instrumentariums Bei einer besonderen Risikolage auf dem Finanzmarkt oder zur Abwendung einer drohenden Gefahr für die Finanzmarkstabilität, insbesondere bei einer entsprechenden Empfehlung des ESRB oder entsprechenden Beschlüssen oder Empfehlungen des Europäischen Rates oder aufgrund eines abgestimmten Vorgehens der Europäischen Aufsichtsbehörden ­ also nicht erst bei konkreter Bestandsgefährdung eines Instituts ­ darf die BaFin anordnen, dass ein Institut über eine höhere Eigenmittelausstattung verfügt, als sich aus der Solvabilitätsverordnung oder nach schon bisher aus institutsspezifischen Gründen möglichen ergänzenden Kapitalanforderungen ergibt. Diese Befugnis ist bis zum 31. Dezember 2012 befristet.

Die BaFin kann auch verlangen, dass ein solches Institut in einem Plan nachvollziehbar darlegt, wie es die höhere Eigenmittelausstattung erreichen will. Soweit der Plan die Belange des Finanzmarktstabilisierungsfonds berührt, erfolgt die Beurteilung des Plans im Einvernehmen der BaFin mit dem interministeriellen

Lenkungsausschuss der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA). Legt das Institut innerhalb der von der BaFin festgelegten Frist keinen geeigneten Plan vor, kann die BaFin mit kurzer Frist eine Nachbesserung verlangen. Dabei hat das Institut auch die Möglichkeit eines Antrags auf Stabilisierungsmaßnahmen zu prüfen, wenn keine alternativen Maßnahmen zur Verfügung stehen. Erfolgt in der festgelegten Frist nach Feststellung der BaFin im Einvernehmen mit dem Lenkungsausschuss keine oder nur eine unzureichende Nachbesserung des Plans, kann die BaFin einen Sonderbeauftragten mit der Erstellung des Plans und der Sicherstellung der Durchführung des Plans beauftragen. Wird die erforderliche Eigenmittelausstattung nicht innerhalb der gesetzten Frist hergestellt, kann die BaFin erforderlichenfalls auch das ihr ansonsten zur Verfügung stehende Instrumentarium nutzen.

3. Präzisierung von Rahmenbedingungen Schließlich werden mit der Wiederöffnung des Finanzmarktstabilisierungsfonds einige Rahmenbedingungen präzisiert:

* Die Mitglieder des Leitungsausschusses werden künftig in ein öffentlich-rechtliches Amtsverhältnis ernannt.

* Die Rechts- und Fachaufsicht des Bundesministeriums der Finanzen über die FMSA wird gestärkt.

* Begleitende Regelungen des Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetzes werden geändert, um dessen Anwendbarkeit zu erleichtern.

* Die Anforderungen der neu zu beachtenden verfassungsrechtlichen Schuldenregel werden im Hinblick auf die im FMStFG überjährig ausgestaltete Kreditermächtigung konkretisiert.

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Bundestagsdrucksachen zur Beratung des Gesetzes

Links führen zur DIP-Datenbank des Deutschen Bundestages.

NummerDatumInhalt
17/8343 17.01.2012 Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
17/8487 25.01.2012 Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses

Durch das Gesetz geänderte Rechtsnormen (soweit auf rechtliches.de verzeichnet):


Bundesrecht nach Rechtsgebieten - Verkündete Gesetze