Hier ist das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt im WWW zu finden:
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Anlass und Inhalt des Gesetzes lt. Entwurfsbegründung (BT-Drs Nr. 15/1509)
AnzeigeA. Ziel
Der starke Anstieg der Arbeitslosigkeit auf derzeit über 4,3 Millionen erfordert konsequentes Handeln für die Stärkung der Wachstumskräfte und für eine raschere Umsetzung der Wachstumsimpulse in neue Beschäftigung. Hierzu bedarf es u. a. der Senkung der Lohnnebenkosten und des Abbaus von Beschäftigungshemmnissen im Arbeits- und Sozialrecht.
Im Bereich des Arbeitsrechts bedarf insbesondere das Recht des Kündigungsschutzes sorgfältiger Überprüfung und Korrektur, um mehr Transparenz und Rechtssicherheit zu schaffen und so Hindernisse für Neueinstellungen abzubauen. Gerade in Kleinbetrieben besteht ein hohes Beschäftigungspotential, das durch Entschärfung der "Schwellenproblematik" im Kündigungsschutzgesetz wirksam erschlossen werden kann. Deshalb sollen neu eingestellte Arbeitnehmer mit befristetem Arbeitsvertrag auf den Schwellenwert nicht angerechnet werden. Die Wirksamkeit dieser Maßnahme wird nach fünf Jahren überprüft. Zur unbefriedigenden Beschäftigungsbilanz in Deutschland hat die im internationalen Vergleich relativ niedrige Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitnehmer wesentlich beigetragen. Dies ist nicht zuletzt Ergebnis der seit den 80er Jahren zur Entlastung des Arbeitsmarktes von den Tarifvertragsparteien und den früheren Bundesregierungen praktizierten Politik der Frühverrentung. Vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung, die das Arbeitskräfteangebot spätestens zu Beginn des kommenden Jahrzehnts spürbar verknappen wird, angesichts des bereits heute partiell auftretenden Fachkräftemangels und nicht zuletzt aufgrund der vorruhestandsbedingten Belastungen der Beitragszahler in der sozialen Sicherung kann die Politik zur Förderung der Frühverrentung nicht länger fortgesetzt werden. Deshalb ist es erforderlich, die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld für ältere Arbeitnehmer von derzeit bis zu 32 Monaten auf 12 bzw. 18 Monate zurückzuführen.
Dabei gilt der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz von 25 Monaten, der den Betroffenen eine langfristige Übergangsfrist zur Neuorientierung einräumt. Durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt wurden bereits die Möglichkeiten der Arbeitsvermittlung und Beschäftigung von älteren Arbeitnehmern ab 50 Jahren verbessert. Durch die im Zuge der Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe für Erwerbsfähige noch zu schaffende Übergangsregelung zwischen Arbeitslosengeld und der neuen Unterstützungsleistung werden soziale Härten bei der Rückführung der Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld vermieden und die Eingliederung in den Arbeitsmarkt verbessert.
B. Lösung
1. Änderungen des Kündigungsschutzes und Erleichterungen beim Abschluss befristeter Arbeitsverträge Um in kleinen Unternehmen mehr Beschäftigung zu fördern, wird die Anwendungsschwelle des Kündigungsschutzgesetzes flexibel gestaltet. Neu eingestellte Arbeitnehmer mit befristetem Arbeitsvertrag werden auf den Schwellenwert von fünf Arbeitnehmern nicht angerechnet. Die Regelung gilt zunächst bis zum 31. Dezember 2008. Im Interesse höherer Rechtssicherheit bei betriebsbedingten Kündigungen wird die Sozialauswahl auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers beschränkt. Die Regelung über Ausnahmen von der Sozialauswahl zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Betriebes wird präzisiert. Als berechtigte betriebliche Interessen werden die Weiterbeschäftigung von Leistungsträgern und die Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur hervorgehoben. Die gerichtliche Überprüfung der Sozialauswahl wird auf grobe Fehlerhaftigkeit beschränkt, wenn in einem zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbarten Interessenausgleich die zu kündigenden Arbeitnehmer namentlich bezeichnet sind. Aus Gründen der Flexibilität und Praxisnähe werden die kündigungsrechtlichen Regelungen bei betriebsbedingter Kündigung durch einen gesetzlichen Abfindungsanspruch des Arbeitnehmers ergänzt. Der Arbeitnehmer soll die Möglichkeit erhalten, sich zu entscheiden, ob er gegen die betriebsbedingte Kündigung gerichtlich vorgeht wie bisher schon nach geltendem Recht oder ob er stattdessen die gesetzliche Abfindung beansprucht. Er kann den Abfindungsanspruch geltend machen, wenn der Arbeitgeber in der Kündigungserklärung die Kündigung auf betriebsbedingte Gründe gestützt und den Arbeitnehmer darauf hingewiesen hat, dass er die im Gesetz vorgesehene Abfindung beanspruchen kann, wenn er die dreiwöchige Frist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage verstreichen lässt. Bei personen- und verhaltensbedingten Kündigungen bleibt es beim geltenden Recht. Es wird eine einheitliche Frist von drei Wochen für die gerichtliche Geltendmachung der Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung eingeführt. Da- mit besteht für Arbeitgeber und Arbeitnehmer alsbald Klarheit über den Fortbestand oder die Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Für Existenzgründer wird die befristete Beschäftigung von Arbeitnehmern erleichtert. In den ersten vier Jahren nach Unternehmensgründung können befristete Arbeitsverträge ohne sachlichen Befristungsgrund bis zur Dauer von vier Jahren abgeschlossen werden.
2. Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld wird grundsätzlich auf zwölf Monate begrenzt. Arbeitnehmer, die das 55. Lebensjahr vollendet haben, können Arbeitslosengeld bis zu einer Dauer von höchstens 18 Monaten beanspruchen.
Bundestagsdrucksachen zur Beratung des Gesetzes
Links führen zur DIP-Datenbank des Deutschen Bundestages.
Nummer | Datum | Inhalt |
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15/1509 | 2.9.2003 | Gesetzentwurf der Bundesregierung |
15/1587 | 24.9.2003 | Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit |
15/1588 | 24.9.2003 | Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung |
15/1792 | 22.10.2003 | Unterrichtung durch den Bundesrat |
15/2245 | 16.12.2003 | Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses |
Durch das Gesetz geänderte Rechtsnormen (soweit auf rechtliches.de verzeichnet):