Hier ist das GKV-Finanzierungsgesetz im WWW zu finden:
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Anlass und Inhalt des Gesetzes lt. Entwurfsbegründung (BT-Drs Nr. 17/3040)
AnzeigeA. Ziel
Deutschland hat ein leistungsfähiges Gesundheitswesen, das allen Bürgerinnen und Bürgern Zugang zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung bietet. Das deutsche Gesundheitssystem gewährleistet auch im internationalen Vergleich eine hohe Qualität der Leistungen. Damit dies so bleibt, muss das deutsche Gesundheitssystem jetzt vor allem im Hinblick auf eine nachhaltige und sozial ausgewogene Finanzierung weiterentwickelt werden.
Zum einen besteht ein unmittelbarer Handlungsbedarf im Hinblick auf das anderenfalls für das Jahr 2011 zu erwartende Defizit in Höhe von bis zu 11 Mrd. Euro. Dieses Defizit würde beim heutigen Finanzierungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) die Krankenkassen vor große Schwierigkeiten stellen.
Die Reform ist zudem notwendig, um die strukturellen Probleme des heutigen Finanzierungssystems im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung zu beheben. Damit die Leistungsfähigkeit und die Qualität der medizinischen Versorgung trotz des steigenden Anteils älterer Menschen und der Möglichkeiten des medizinischen Fortschritts auch weiterhin erhalten werden kann, muss damit begonnen werden, die Finanzierungsgrundlagen für die GKV auf eine solide Basis zu stellen. Seit vielen Jahren wachsen die Ausgaben der GKV schneller als die beitragspflichtigen Einnahmen. Steigende Beitragssätze führen zu steigenden Lohnkosten und gefährden damit Arbeitsplätze. Konjunkturelle Schwankungen führen zu einer Instabilität auf der Einnahmeseite der GKV. Zur Bewältigung dieser Probleme sollen die Arbeitgeberbeiträge festgeschrieben und es soll die Einkommensabhängigkeit der Beiträge vermindert werden.
Eine nachhaltige Finanzierung kann darüber hinaus nur in einem System mit einem funktionierenden Wettbewerb gelingen. Vor diesem Hintergrund ist es dringend erforderlich, das heutige Finanzierungssystem der GKV wettbewerbsfreundlicher auszugestalten. Dies setzt unverzerrte Preissignale und eine Stärkung der Beitragsautonomie der Krankenkassen voraus. Zudem ist ein funktionsfähiger Sozialausgleich notwendig, der dafür sorgt, dass jede Bürgerin und jeder Bürger unabhängig von der persönlichen finanziellen Situation über einen guten Krankenversicherungsschutz verfügt, der ihm im Krankheitsfall eine hochwertige Gesundheitsversorgung garantiert. Über den Sozialausgleich wird die so wichtige Solidarität mit denjenigen hergestellt, die nur über begrenzte finanzielle Mittel verfügen.
Die Menschen sollen auch in Zukunft auf eine gute medizinische Versorgung auf Basis des medizinischen Fortschritts vertrauen können. Hierfür ist es erforderlich, die Ausgaben zu stabilisieren, die Finanzierung auf eine solide Basis zu stellen, die Voraussetzungen für einen funktionsfähigen Wettbewerb zu schaffen und für einen zielgenauen und gerechten Sozialausgleich zu sorgen.
B. Lösung
1. Begrenzung der Ausgaben Eine Reform der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung kann nicht nur die Einnahmeseite betrachten, sondern muss mit notwendigen Maßnahmen auf der Ausgabeseite verbunden sein. Die Leistungserbringer und die Krankenkassen müssen ihren Teil zur Konsolidierung beitragen. Ausgabensteigerungen werden dort begrenzt, wo das verantwortbar ist, ohne dass dies zu Leistungseinschränkungen oder Qualitätsverlusten führt. In folgenden Bereichen werden mit diesem Gesetz ab 2011 die Ausgaben stabilisiert:
Die Verwaltungskosten der Krankenkassen dürfen in den nächsten beiden Jahren im Vergleich zum Jahr 2010 nicht ansteigen.
Für Leistungen, die Krankenhäuser im Vergleich zum jeweiligen Vorjahr zusätzlich vereinbaren (Mehrleistungen), wird ein Abschlag festgelegt, dessen Höhe im Jahr 2011 bei 30 Prozent liegt und der ab 2012 vertraglich zu vereinbaren ist.
Die Preise für akutstationäre Krankenhausleistungen und die Krankenhausbudgets von psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen dürfen in den Jahren 2011 und 2012 lediglich in Höhe der halben statt der vollen Grundlohnrate wachsen.
Durch verschiedene Regelungen wird der Ausgabenzuwachs bei der Vergütung in der vertragsärztlichen Versorgung in den Jahren 2011 und 2012 insgesamt begrenzt. Kostenrisiken aus Preiserhöhungen und bestimmten Mengenzuwächsen werden ausgeschlossen. Medizinisch nicht begründbare Ausgabenentwicklungen der sogenannten extrabudgetär zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen werden begrenzt.
Das Vergütungsniveau in der hausarztzentrierten Versorgung wird begrenzt. Es gilt Vertrauensschutz für Verträge, die bis zum Kabinettsbeschluss rechtsgültig sind.
Die Punktwerte und Gesamtvergütungen für die vertragszahnärztliche Behandlung ohne Zahnersatz dürfen sich in den Jahren 2011 und 2012 jeweils höchstens um die Hälfte der für das jeweilige Jahr festgestellten Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen erhöhen.
2. Stärkung der Finanzierungsgrundlagen Um die Krankenversicherung langfristig zu stabilisieren, die Voraussetzungen für einen funktionsfähigen Wettbewerb zu schaffen und die Bedingungen für die Erhaltung versicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse zu verbessern, sind Maßnahmen auf der Einnahmeseite erforderlich:
Die vor dem Hintergrund der Wirtschafts- und Finanzkrise mit Steuermitteln im Jahr 2009 erfolgte vorübergehende Absenkung des Beitragssatzes der Krankenkassen um 0,6 Prozentpunkte läuft zum Jahresende 2010 aus. Damit wird der paritätisch finanzierte Beitragssatz für Arbeitgeber und Arbeitneh-
mer wieder auf 14,6 Prozent wie vor der Senkung durch das sogenannte Konjunkturpaket II angehoben zuzüglich des mitgliederbezogenen Beitragsanteils von 0,9 Prozentpunkten.
Der Arbeitgeberbeitrag wird auf der Höhe von 7,3 Prozent festgeschrieben. Damit wird der Automatismus durchbrochen, dass Ausgabensteigerungen zwangsläufig zu steigenden Lohnkosten führen.
Unvermeidbare, über die Einnahmeentwicklung hinausgehende, Ausgabensteigerungen werden durch einkommensunabhängige Zusatzbeiträge der Mitglieder finanziert. Kassenindividuell festgelegte, sozial ausgeglichene einkommensunabhängige Zusatzbeiträge dienen darüber hinaus der Sicherung einer guten Versorgung, die auch den medizinischen Fortschritt berücksichtigt.
Die Krankenkassen erhalten mit der Weiterentwicklung des Zusatzbeitrags wieder mehr Finanzautonomie. Der einkommensunabhängige Zusatzbeitrag wirkt als transparentes Preissignal. Er verleiht den gesetzlichen Krankenkassen Spielräume, um gute Verträge zu gestalten und regionalen Besonderheiten gerecht werden zu können. Mit der Weiterentwicklung des Zusatzbeitrags wird die für eine wettbewerbliche Ausrichtung unerlässliche Beitragsflexibilität gewährleistet.
3. Gerechter Sozialausgleich Damit die Beitragszahler vor einer unverhältnismäßigen Belastung geschützt sind, wird ein unbürokratischer und gerechter Sozialausgleich eingeführt. Übersteigt der durchschnittliche Zusatzbeitrag 2 Prozent des individuellen sozialversicherungspflichtigen Einkommens erfolgt ein Sozialausgleich. Die Umsetzung findet für Arbeitnehmer direkt bei den Arbeitgebern und für Rentner bei den Rentenversicherungsträgern statt, indem der einkommensabhängige Beitrag entsprechend reduziert wird.
Diese Regelung ist im Rahmen der EDV-gestützten Abrechnung von Löhnen, Gehältern und Renten leicht handhabbar, denn der Ausgleich wird automatisch durchgeführt. Der Sozialausgleich erfolgt aus Bundesmitteln. In den Jahren 2011 bis 2014 kann der Sozialausgleich aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds gedeckt werden.
Ab dem Jahr 2015 sollen zur Finanzierung des Sozialausgleichs weitere Zahlungen aus Bundesmitteln gewährt werden. Die Höhe dieser Zahlungen wird im Jahr 2014 gesetzlich festgelegt. Dies bedeutet den Einstieg in einen gerechteren Ausgleich, denn ein steuerfinanzierter Sozialausgleich berücksichtigt die tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit aller Bürgerinnen und Bürger. Der Gesetzentwurf sieht neben kurzfristig wirksamen Maßnahmen zur Ausgabenbegrenzung und Einnahmenverbesserung bei den Krankenkassen nachhaltig wirksame strukturelle Maßnahmen zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung und eines funktionsfähigen Wettbewerbs vor. Diesem Ziel dient insbesondere die schrittweise Einführung von Zusatzbeiträgen in Verbindung mit einem gerechten und unbürokratischen Sozialausgleich.
Bundestagsdrucksachen zur Beratung des Gesetzes
Links führen zur DIP-Datenbank des Deutschen Bundestages.
Nummer | Datum | Inhalt |
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17/3040 | 28.09.2010 | Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP |
17/3696 | 10.11.2010 | Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit |
17/3697 | 10.11.2010 | Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung |
Durch das Gesetz geänderte Rechtsnormen (soweit auf rechtliches.de verzeichnet):